www.learn-rdm.eu EXECUTIVE BRIEFING Management von Wissensbeständen – ein zentrales Anliegen für Forschung und Innovation im 21. Jahrhundert Die Problemstellung Forschungsdaten sind der Rohstoff für die Wissenschaft im digitalen Zeitalter. Von Sonetten zu Statistiken, von Genfaktoren zu Geodaten –die Menge an Materialien, die generiert und gespichert werden, wächst exponentiell. Dennoch wird durch die “LERU Roadmap for Research Data”1 evident, dass Forschungseinrichtungen in sehr unterschiedlichem Ausmaß für digitales Datenmanagement gerüstet sind. Diese Kluft tritt vor allem im Zusammenhang mit Policy-Fragen, dem Bewusstsein für aktuelle Themen und Problemstellungen, Kompetenzentwicklung, Ausbildung, Kosten, Netzwerkbildung und Governance sowie disziplinären/rechtlichen/terminologischen und geographischen Unterschieden besonders deutlich zutage. Die Lösung Der vorliegende Leitfaden LEARN Executive Briefing soll Führungskräften und EntscheidungsträgerInnen dabei helfen, tragfähige Lösungen zu ermitteln. Darüber hinaus können sich alle Beteiligten an den „LEARNToolkit of Best Practice“ Case Studies orientieren, allesamt Studien, die dazu geeignet sind, Forschungsinstitutionen bei der Bewältigung der Datenflut zu unterstützen. LEARN bietet auch eine Umfrage zur Selbstbewertung im Hinblick auf Forschungsdatenmanagement an2. Policy für Forschungsdatenmanagement Jede Forschungseinrichtung sollte über eine Policy verfügen, in der Regelungen für die Kuratierung und das Management von Forschungsdaten definiert sind. Forschungsförderer sollten ebenfalls über eine Forschungsdatenmanagement-Policy verfügen, in der Verpflichtungen festgehalten sind, die von den ForscherInnen als Leistung für die erhaltene Finanzierung erwartet werden. LEARN hat eine Vorlage für eine Forschungsdatenmanagement-Policy und einen Leitfaden zur Umsetzung erstellt. Diese LEARN Modell-Policy lässt sich problemlos adaptieren und ist daher für unterschiedlichste Institutionen und Konsortien geeignet, sei es auf regionaler, nationaler und/oder internationaler Ebene. Daten nach dem “FAIR”-Prinzip Best Practice im Umgang mit Forschungsdaten bedeutet, dass diese FAIR sein sollten3: • Findable (auffindbar) – Accessible (zugänglich) – Interoperable (interoperabel bzw. vollständig kompatibel) – Reusable (wiederverwendbar) „Findable” (also „auffindbar“), bedeutet, dass die Daten auf adäquate Weise beschrieben sein sollten, und zwar –wo dies möglich ist -unter Verwendung von Standardtaxonomien und -ontologien. Um „accessible“ (also „zugänglich“) zu sein, sollten Forschungsdaten idealerweise offene Daten sein, also für Sharing und Nachnutzung zur Verfügung stehen. 1 http://www.leru.org/files/publications/AP14_LERU_Roadmap_for_Research_data_final.pdf 2 Verfügbar unter http://learn-rdm.eu; Letzter Zugriff 16.12.2016 3 Siehe https://www.force11.org/group/fairgroup/fairprinciples; letzter Zugriff 12.12.2016. www.learn-rdm.eu Es können zwar nicht alle Forschungsdaten offen sein, aber Best Practice bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der Zugang zu solchen Daten so offen wie möglich und so geschlossen wie nötig sein sollte (“as open as possible, as closed as necessary”)4. Forschungsdaten sollten auch „interoperabel“ bzw. kompatibel sein, in einem maschinenlesbaren Format zur Verfügung stehen und mit einem Vokabular versehen sein, das auf den „FAIR“-Grundregeln basiert. Durch die Beschreibung der Datensätze mit Metadaten, die den jeweiligen disziplinspezifischen Standards entsprechen, unterstützt man das Prinzip der Nachnutzung („reusable“). Research Data Stewardship Es ist wichtig, dass ForscherInnen bereits zu Beginn ihrer Forschungsarbeiten die Erfassung, Kuratierung, Beschreibung, Nachnutzung und Dissemination ihrer Forschungsdaten planen. Diese Informationen sind idealerweise in einem Datenmanagementplan erfasst, der somit das Gerüst für einen verantwortungsvollen Umgang mit Forschungsdaten darstellt5. Infrastruktur Für den adäquaten Umgang mit ihren Forschungsdaten benötigen ForscherInnen sowie Forschungseinrichtungen Zugang zu den erforderlichen digitalen Ökosystemen. Diese können auf lokaler Ebene betrieben werden, es kann sich dabei jedoch auch um kommerzielle Servicedienste, themen-oder disziplinbezogene Angebote, oder um regionale, nationale und internationale Plattformen handeln. Unterschiedliche Wissenschaftscommunitys und unterschiedliche Länder werden derartige Einrichtungen möglicherweise auf unterschiedliche Art und Weise nutzen und bereitstellen wollen. Üblicherweise wird/werden die Plattform(en) folgende Dienstleistungen anbieten: • Storage für ForscherInnen, die aktiv Daten sammeln; • Eine Publikationsplattform, über die Forschungsdaten und dazugehörige Software geteilt und nachnutzbar gemacht werden; • Archivfunktionen, die eine langfristige Kuratierung der Forschungsdaten ermöglichen, oftmals als Reaktion auf die von Forschungsförderern gestellten Anforderungen; • Ein Suchdienst, der es ForscherInnen wie auch der Öffentlichkeit ermöglicht, Datenbestände sowohl auf lokaler Ebene als auch über das Internet zu durchforsten. Die Europäische Kommission fördert die European Open Science Cloud6. Diese EOSC ist keine Cloud-Lösung im eigentlichen Sinn, sondern eine Metapher für den reibungslosen Austausch von Daten und für den Gedanken von wissenschaftlichen Daten als Gemeinschaftsgut. Die EOSC wird ein gemeinsames Umfeld für die sichere Bereitstellung und Nachnutzung von Forschungsdaten sein, das sich aus bereits bestehenden und noch in Entwicklung befindlichen Infrastrukturen in den Mitgliedsstaaten zusammensetzt, mit einem Minimum an internationaler Führung und Steuerung und einem Maximum an Freiheit hinsichtlich der praktischen Umsetzung. Training Durch die neuen technischen Möglichkeiten und Arbeitsweisen ist es notwendig, dass sich alle ForscherInnen, etablierte genauso wie JungforscherInnen, all jene Fähigkeiten und Instrumente aneignen, die nötig sind, um sich in einer datengesteuerten Umwelt sicher zu bewegen. Die Führungsrolle sollte dabei von Forschungseinrichtungen und –in vielen Fällen –von deren institutseigenen Bibliotheken übernommen werden. 4 http://ec.europa.eu/research/participants/data/ref/h2020/grants_manual/hi/oa_pilot/h2020-hi-oa-data-mgt_en.pdf, p.4 5 Für weitere Informationen siehe http://www.dcc.ac.uk/resources/data-management-plans; letzter Zugriff 12.12.16 6 Siehe http://ec.europa.eu/research/openscience/index.cfm?pg=open-science-cloud; letzter Zugriff 12.12.2016 www.learn-rdm.eu Dieses Projekt wurde im Rahmen von Horizon 2020, dem EU-Programm für Forschung und Innovation, finanziert (Grant Agreement No 654139). Finanzierung Forschungsdatenmanagement ist immer mit Kosten verbunden. Es gibt keine bestimmte, vorgegebene Methode zur Berechnung dieser Kosten, jedoch existiert eine ganze Reihe von Kostenmodellen, die bei dieser Berechnung behilflich sein können, darunter das Projekt 4C7. Risiken Wenn die gute wissenschaftliche Praxis nicht eingehalten wird, ergeben sich für die beteiligten Akteure bestimmte Risiken. Forschende laufen Gefahr, Fördergelder zu verlieren, sollten sie die Vorgaben der Förderorganisationen nicht erfüllen können. Ein unachtsamer Umgang mit Forschungsdaten kann außerdem zu deren Verlust führen und so eine Validierung der Forschungsergebnisse verhindern. Werden Forschungsergebnisse nicht geteilt und zugänglich gemacht, können sich auch Partnerschaften und Kooperationen nicht entfalten. Nutzen Aus einem umsichtigen Umgang mit Forschungsdaten ergeben sich zahlreiche Vorteile. Die Integrität von wissenschaftlichen Erkenntnissen ist dann gegeben, wenn effiziente Richtlinien zum Forschungsdatenmanagement gelten. Forschungseinrichtungen können sich an globalen Initiativen wie der European Open Science Cloud beteiligen. Forschungsdaten dürfen durchaus als Rohstoff im Zusammenhang mit Forschungskommunikation und Publikationen gehandelt werden – bergen sie doch potenzielle Ansätze zur Lösung unserer großen gesellschaftlichen Herausforderungen: Armut, Krankheit und Klimaerwärmung. Schlussfolgerung Forschungsdaten sind der Motor für Innovationen, sie sind der Ausgangspunkt für neue Entdeckungen und von großem Nutzen für die gesamte Gesellschaft. Alle jene, die in die Arbeitsabläufe von Forschungsprojekten eingebunden sind, haben ihre ganz bestimmten Rollen zu erfüllen. Das vorliegende „Executive Briefing“ zeigt auf, was ForscherInnen und Forschungseinrichtungen leisten müssen, um sich dieser spannenden Herausforderung zu stellen. 7 Für weitere Informationen siehe http://www.4cproject.eu/summary-of-cost-models; letzter Zugriff 12.12.2016